Voraussetzungen für Rückforderung von schwiegerelterlichen Zuwendungen nach dem Scheitern der Ehe
Schwiegereltern können seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.02.2010, Az XII ZR 189/06 Zuwendungen an ihr Schrwiegerkind zurückverlangen, wenn die Ehe scheitert. Allerdings sind dazu einige Hürden zu überwinden, wie die nachfolgende Entscheidung des OLG Saarbrücken zeigt.
Anm. Maes zu OLG Saarbrücken Urteil vom 21.11.2013 – 2 U 47/13 in Praxisreport Familien- und Erbrecht 4/2014 v. 18.2.2014
Orientierungssatz zur Anmerkung
Erfolgen die schwiegerelterlichen Zuwendungen jeweils „auf Zuruf“ und nicht in der einmaligen Überlassung eines Geldbetrages, so sind besondere Umstände erforderlich, die bei einer Gesamtwürdigung den Schluss erlauben, ihnen liege als Geschäftsgrundlage der Fortbestand der Ehe zugrunde.
A. Problemstellung
Wann sind Zuwendungen von Schwiegereltern auf den Bestand der Ehe erfolgt?
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Sachverhalt:
Die Eltern der Ehefrau hatten den Eheleuten im Verlauf von drei Jahren diverse Beträge im Umfang von 80 Euro bis 2.200 Euro, insgesamt ca. 12.000 Euro für Renovierungsarbeiten und zur Anschaffung von Hausrat zur Verfügung gestellt. Nach dem Scheitern der Ehe verlangten sie die Hälfte dieses Betrages von ihrem Schwiegersohn als Darlehensrückzahlung bzw. wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Das LG Saarbrücken sprach ihnen einen Betrag von knapp 6.000 Euro zu.
Kein Rückforderungsanspruch aus Darlehn
Das OLG Saarbrücken hat auf die Berufung des Schwiegersohns die Entscheidung aufgehoben und die Klage vollständig abgewiesen. Einen Rückforderungsanspruch aus Darlehen hatte bereits das Landgericht zurückgewiesen, weil die Schwiegereltern die Darlehnshingabe nicht hätten beweisen können. Dem schloss sich das Berufungsgericht an.
Einzelne Teilzahlungen sind keine Schenkungen
Allerdings seien die einzelnen Teilzahlungen auch nicht als Zuwendungen auf den Bestand der Ehe zu betrachten, so dass sie vom Schwiegersohn nicht zurückverlangt werden könnten. Selbst Schenkungen von Grund- oder Wohneigentum dienten nicht per se dem Fortbestand einer Ehe (vgl. BGH, Urt. v. 19.01.1999 – X ZR 60/97 juris Rn. 29).
Bei Wegfall der geschäftsgrubndlage ist eine Abwägung nötig
Beim Wegfall der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB, nun gesetzlich geregelt in § 313 BGB, müssten alle Umstände des konkreten Falles gegeneinander abgewogen werden (so auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.02.2012 – 16 UF 249/11 juris Rn. 46; a.A. wohl OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.02.2013 – II 7 UF 185/12).
Zahlungen nicht als Vermögensbildung sondern auf Zuruf
Das gelte erst recht, wenn die Schenkung nicht erkennbar der Anschaffung eines Familienheims und damit der Vermögensbildung der Eheleute diene, sondern finanzielle Zuwendungen auf Zuruf erfolgt seien. In solchen Fällen seien besondere Umstände erforderlich, um bei einer Gesamtwürdigung den Schluss zu erlauben, die einzelnen Zuwendungen dienten dem Fortbestand der Ehe.
Angesichts der geleisteten kleineren Zahlungen für diverse Ausgaben der Eheleute sei kaum zu erwarten gewesen, die Tochter der Kläger werde davon dauerhaft profitieren. Bei der Anschaffung einer Kühl- und Gefrierkombination für 1.216 Euro sei schon im Hinblick auf die übliche Lebensdauer eines solchen Gerätes kaum zu vermuten, die Zuwendung habe dem Bestand der Ehe gedient. Gleiches gelte auch für die anderen Zahlungen. Damit seien die Schwiegereltern den Beweis schuldig geblieben, ihre Zahlungen hätten dem Fortbestand der Ehe dienen sollen.
C. Kontext der Entscheidung
Grundsatzentscheidung
Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 03.02.2010 (XII ZR 189/06) konnten Schwiegereltern erstmalig Zahlungen, die dem Fortbestand der Ehe dienten, von ihrem Schwiegerkind wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückverlangen, wenn die Ehe gescheitert war. In jenem Fall hatten die Schwiegereltern kurz vor Eheschließung ihrem Schwiegersohn einen Betrag von knapp 300.000 DM überwiesen, mit dem er eine Eigentumswohnung auf eigenen Namen kaufte.
Nutzung der Schenkung ist abzuziehen
Mit Urteil vom 20.07.2011 (XII ZR 149/09 juris Rn. 30 ff.) machte der BGH Ausführungen zur Höhe der zu erstattenden Zuwendung. Danach soll der Nutzungswert der Zuwendung bei Rückzahlung der Schenkung abgezogen werden, da insoweit der Zweck der Schenkung erreicht sei. Weiter soll berücksichtigt werden, inwieweit beim Empfänger noch etwas von der Zuwendung vorhanden ist.
OLG Düsseldorf: Schwiegereltern müssen Schenkung beweisen
Das OLG Düsseldorf ging in seinem Beschluss vom 28.02.2013 (II-7 UF 185/12) ohne spezielle Prüfung, ob die Zuwendung dem Fortbestand der Ehe gedient habe, davon aus, die Finanzierung eines Ferienhauses durch die Schwiegereltern i.H.v. insgesamt 65.000 Euro sei zur Hälfte vom Schwiegerkind zu ersetzen. Dem gegenüber lehnte das OLG Stuttgart (Beschl. v. 23.02.2012 – 16 UF 249/11) den Anspruch der Schwiegereltern auf Rückforderung ab, weil sie nicht bewiesen hätten, dass ihre Schenkungen dem dauerhaften Bestand der Ehe ihres Kindes dienen sollten (vgl. juris Rn. 46).
D. Auswirkungen für die Praxis
Die neueren Entscheidungen zum Rückforderungsanspruch von Schwiegereltern machen deutlich, dass trotz Änderung der Rechtsprechung des BGH im Jahr 2010 nicht jede Zuwendung der Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zurückverlangt werden kann. An die Beweislast der Schwiegereltern, ihre Zuwendungen hätten dem Fortbestand der Ehe gedient, stellen die Gerichte unterschiedlich strenge Anforderungen.
Jede einzelne Zahlung ist zu prüfen
Die letzte BGH-Entscheidung zu diesem Thema aus dem Jahr 2011 macht deutlich, dass jede einzelne Zuwendung darauf zu prüfen ist, inwieweit sie nicht bereits durch zeitliche Nutzung oder gar substantiell aufgebraucht wurde, also nicht mehr im Vermögen des Schwiegerkindes vorhanden ist.
Kleinere Zuwendungen sind i.d.R. keine Schenkung
Gerade kleinere Zuwendungen über einen längeren Zeitraum dürften eher der Unterstützung der Eheleute in ihrem Alltag gedient haben und nicht dem Fortbestand der Ehe. In der anwaltlichen Beratung sollte unbedingt auf das Prozessrisiko bei der Durchsetzung eines solchen Rückforderungsanspruches hingewiesen werden und auf die teilweise sehr hohen Anforderungen an die Beweislast, dass die Zuwendungen dem Fortbestand der Ehe dienten und nicht der finanziellen Entlastung der Eheleute.