Unterhalt – Grundwissen
Wer muss wem wieviel Unterhalt zahlen? Muss das eigene Vermögen eingesetzt werden? Wann ist Unterhalt verwirkt? Wie wird Unterhalt berechnet?
Wer kann Unterhalt verlangen?
Unterhalt kann nur derjenige verlangen, der bedürftig ist (§ 1602 BGB). Unterhalt zahlen muss nur der, der leistungsfähig ist (§ 1603 BGB).
Allerdings müssen die Gerichte durch Auslegung des Gesetzes ermitteln, welcher Unterhalt im konkreten Fall angemessen ist. Zum einen liefern die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte eine Orientierung. Zum anderen ist die sich ständig ändernde Rechtsprechung zu berücksichtigen, um zu einer Einschätzung zu gelangen. Außerdem wird das dadurch erschwert, dass die Leitlinien der Oberlandesgerichte teilweise voneinander abweichen. Auch die Rechtsprechung ist regional verschieden.
Einsatz des Vermögens
Grundsätzlich hat der Unterhaltsberechtigte vorrangig sein Vermögen einzusetzen, bevor er Unterhalt verlangen kann. Allerdings wird dieser Grundsatz durch das Gesetz durchbrochen:
Minderjährige müssen nur die Erträge ihres Vermögens einsetzen (§ 1602 BGB Abs. 2 BGB)
Demgegenüber müssen geschiedene Ehegatten den Vermögensstamm nicht verwerten, wenn das unwirtschaftlich oder im Hinblick auf das Vermögen des anderen unbillig wäre (§ 1577 Abs. 3 BGB. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung auch für getrenntlebende Eheleute.
Volljährige werden am härtesten behandelt. Sie müssen ihren Vermögensstamm einsetzen, bis auf einen Schonbetrag, der je nach Einzelfall durch die Gerichte festgelegt wird und bei ca. 4.000,00 € liegt.
Berechnung
- Beim Kindesunterhalt gilt die Düsseldorfer Tabelle. Danach erfolgt eine Eingruppierung nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des letzten Jahres bei Nichtselbständigen oder nach den letzten drei Jahren bei Selbständigen. Den Zahlbetrag kann man der letzten Tabelle nach den Anmerkungen entnehmen.
- Beim Ehegattenunterhalt sind 3/7 der Netto Einkommensdifferenz zu zahlen, in den südlichen Bundesländern etwas mehr mit 45 %.
- Bei gehobenen Einkommensverhältnissen ist der konkrete Unterhaltsbedarf darzulegen. Eigenes Einkommen ist hierauf anzurechnen.
- Beim Betreuungsunterhalt gegenüber dem nicht verheirateten Elternteil gem. [§ 1615 l BGB][bgb-1615 l] BGB gilt dessen letztes Einkommen, wenigstens 880,00 €.
- Beim Elternunterhalt ist die Berechnung deutlich komplizierter.
- In allen Fällen ist der Selbstbehalt zu beachten.
[bgb-1615 l]: http://dejure.org/gesetze/BGB/1615 l.html „§ 1615 l – Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt“
Auskunftsrechte
Um den Unterhalt berechnen zu können, steht dem Berechtigten ein Auskunftsrecht nach § 1605 BGB zu, bei Verdacht auf unrichtige Auskunft zusätzlich der Anspruch auf Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung gem. § 260 BGB.
Selbstbehalt und fiktives Einkommen
Jedem Unterhaltszahler steht ein Selbstbehalt zu. Wenn er mehr arbeiten oder mehr verdienen könnte, wird verlangt, dass er seine Erwerbstätigkeit aufstockt. Er ist in der Regel verpflichtet, eine Nebenbeschäftigung auszuüben. Falls er seine Arbeit nicht aufstockt, muss er sich so behandeln lassen, als ob er mehr verdiente. Ihm wird dann ein sogenanntes fiktives Einkommen angerechnet. Seine Unterhaltszahlungen werden bezogen auf sein fiktiv erzielbares Einkommen festgelegt. Wenn er den gerichtlich festgelegten Unterhalt nicht bezahlt, kann gegen ihn die Vollstreckung eingeleitet werden mit allen nachteiligen Folgen bis hin zum Offenbarungseid.
Verwirkung gem. § 1579 BGB
Die von der Rechtsprechung gesetzten Hürden sind nicht so einfach zu überwinden (siehe auch Anmerkung Maes unter E. zum BGH Urteil vom 6.5.2009).
Gesetzliche Gründe für eine Verwirkung sind etwa:
- schwerwiegendes Fehlverhalten gem. § 1579 Nr. 7 BGB,
-
Leben in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gem. § 1579 Nr. 2 BGB
-
Ausbruch aus einer intakten Ehe gem. § 1579 Nr. 8 BGB.
Erst nach etwa drei Jahren wird von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen. Demgegenüber wird auch die Meinung vertreten, aus einer intakten Ehe könne niemand ausbrechen. Wenn allerdings minderjährige Kinder im Haushalt des Unterhaltsberechtigten leben, wird verwirkter Unterhalt lediglich moderat gekürzt.
Unterhaltsrückstände
Der der Unterhaltspflichtige muss nachweislich in Verzug gesetzt werden, indem er zur Auskunft über sein Einkommen oder zur Unterhaltszahlung aufgefordert wird. Dann ist in einem Gerichtsverfahren rückständiger Unterhalt ab Verzug durchsetzbar, ansonsten nur der laufende Unterhalt ab Klageeinreichung.
Verwirkung von Unterhaltsforderungen
Unterhalt ist zeitnah zu vollstrecken oder gerichtlich geltend zu machen. Unterbleibt das, kann Verwirkung drohen. Zurückliegender Unterhalt, der älter als ein Jahr ist, kann nach der Rechtsprechung verwirkt sein, wenn der Unterhaltspflichtige darauf vertrauen konnte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Hintergrund ist, dass Unterhalt dem Leben dient. Lässt man ihn auflaufen, wird daraus geschlossen, dass man in dieser Zeit von etwas anderem gelebt hat. Diese Schlussfolgerung gilt nicht, wenn man den Unterhaltszahler regelmäßig, wenigstens einmal im Jahr nachweislich gemahnt oder erfolglos die Vollstreckung betrieben hat.