Umgang – Rechte und Pflichten
Worum geht es beim Umgang mit dem Kind?
Solange die Eltern eine intakte Beziehung haben, verbringen sie so viel Zeit mit dem Kind, wie es ihrer Lebenssituation und den Bedürfnissen der Familie entspricht. Es spielt dann keine Rolle, welcher Elternteil wieviel Zeit mit dem Kind verbringt.
Umgang nach der Trennung der Eltern
Das Umgangsthema wird erst mit der Trennung für die Eltern akut:
Derjenige, der auszieht, hat nicht mehr am Alltag des Kindes teil und möchte häufig mehr Zeit mit dem Kind verbringen, als es vor der Trennung der Fall war.
Streitpunkte nach der Trennung
- Bei wem sollen die Kinder wohnen?
- Soll ein Wechselmodell oder ein erweiterter Umgang praktiziert werden?
- Wer darf wie lange mit dem Kind verbringen?
- Wer zahlt wieviel Unterhalt für die Kinder?
Je zerstrittener die Eltern sind, umso heftiger wird um die Kinder gekämpft. Anfangs funktioniert der Umgang oft noch gut. Sobald aber ein neuer Partner ins Spiel kommt, gibt es Probleme. Dann wird häufig verlangt, dass das Kind nur mit seinem Elternteil, nicht aber mit dessen Partner zusammen sein darf.
Gesetzliche Regelung
Falls die Eltern wegen ihrer Trennungsproblematik die Interessen des Kindes aus dem Blick verlieren, hat der Gesetzgeber eindeutige Vorgaben gemacht, an die sich die Eltern halten müssen.
Umgang mit beiden Elternteilen und Bezugspersonen
Damit sich ein Kind gut entwickeln kann, ist es auf Umgang mit den Eltern und anderen Menschen angewiesen, zu denen es eine Bindung entwickelt hat. Dieses Recht ist durch Art. 6 Grundgesetz, § 1626 Abs. 3 BGB und § 1684 BGB geschützt.
Recht des Kindes auf Umgang, geregelt in § 1684 BGB
- (1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
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(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
Kindeswohl, geregelt in § 1626 BGB
Der Umgang dient dem Wohl des Kindes. Deshalb soll das Kind Umgang haben mit:
- beiden Elternteilen
- anderen wichtigen Personen wie Großeltern
- anderen Familienangehörigen
- nahestehenden Freunden
- neuen Partnern der getrennt lebenden Eltern
Pflichten der Eltern, Umgang zu ermöglichen
Die Eltern sind aufgrund ihres Sorgerechtes verpflichtet, den erforderlichen Umgang zu fördern. Das Kind hat ein Recht auf Umgang, die Eltern sind zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet.
- „Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.“§ 1626 Abs. 3 BGB (Elterliche Sorge)
Umgangsrecht der Eltern und anderer Bezugspersonen
Wenn auch die Pflichten der Eltern überwiegen, wonach sie zum Wohle des Kindes zusammenwirken müssen, haben sie aus Art. 6 GG auch ein Elternrecht auf Umgang, solange das Kindeswohl nicht entgegensteht.
Verhaltensregeln für die Eltern
Das Umgangsrecht ist verfassungsrechtlich geschützt. Nach der Wohlverhaltensregel in § 1684 Abs. 2 BGB dürfen sich die Eltern vor dem Kind nicht gegenseitig schlecht machen. Wenn sich die Eltern daran nicht halten und den Umgang des anderen vereiteln, sind die Familiengerichte zu Hütern des Kindeswohls berufen (§ 1684 Abs. 3 BGB).
Regeln für den Streit um den Umgang
Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Kinder wohnen bzw. ihren Aufenthalt haben. Entscheidungsmaßstab ist das Kindeswohl und nicht der widersprüchliche Vortrag der Eltern. Das Wohl des Kindes wird von Amtswegen ermittelt. Der Richter ist gesetzlich verpflichtet, spätestens innerhalb eines Monats einen Gerichtstermin anzuberaumen, dort auf eine einvernehmliche Umgangsregelung hinzuwirken und nur zu entscheiden, wenn kein Einvernehmen hergestellt werden kann.
Beteiligung des Jugendamtes
Das Gericht ist gesetzlich verpflichtet das Jugendamt am Verfahren zu beteiligen. Das Jugendamt setzt sich mit beiden Eltern in Verbindung, versucht zu vermitteln und berichtet dem Gericht und gibt Empfehlungen für eine kindeswohlgerechte Umgangsregelung. Wegen Personalknappheit kann das Jugendamt seinen gesetzlichen Auftrag nicht immer ausführen.
Verfahrensbeistand
In schwierigen Fällen beauftragt das Gericht zusätzlich einen Verfahrensbeistand, der das Kindeswohl ermitteln und sich für die Interessen der Kinder einsetzen soll. Er hat oft eine sozial-pädagogische Ausbildung oder ist Diplom Psychologe. Dadurch entstehen Kosten von wenigstens 550,00 €, an denen sich die Eltern hälftig beteiligen müssen.
Gerichtlich bestellter Gutachter
In ganz schlimmen Fällen, in denen das Kind durch den Elternstreit schon stark geschädigt ist, sich in einem Loyalitätskonflikt befindet, also nicht mehr weiß, wie es beide Eltern lieben soll, ohne den jeweils anderen zu verletzen, holt das Gericht ein Gutachten zu der Frage ein, wie der Umgang am besten zu regeln ist. Dann werden die Eltern und die Kinder untersucht und auf Schwächen abgeklopft. Es entstehen ca. 4.000,00 – 6.000,00 €, an denen sich die Eltern hälftig beteiligen müssen.
Ordnungsgeld bei Verletzung einer gerichtlichen Umgangsregelung
Auf Antrag beim Familiengericht kann ein Ordnungsgeld gem. § 89 FamFG festgesetzt werden. Die Verletzung muss aber gravierend sein und zu erkennen geben, dass weitere Verletzungen zu erwarten sind.
Wer holt, wer bringt?
Grundsätzlich muss der Umgangsberechtigte das Kind beim anderen Elternteil abholen und nach dem Umgang dorthin zurückbringen. Sonderfälle können sich ergeben, wenn ein Elternteil mit dem Kind zu einem weit entfernten Ort umzieht. Dann wird er durch die Gerichte häufig verpflichtet, sich am Bringen oder Abholen des Kindes zu beteiligen.
Kosten des Umgangs
Regelmäßig trägt der Umgangsberechtigte die Kosten. Bei weiten Entfernungen zum Wohnort des Kindes kann er seine Kosten beim Unterhalt berücksichtigen, entweder durch Anhebung seines Selbstbehaltes oder durch Abzug von seinem Nettoeinkommen, was dann zu einer Herabgruppierung in eine niedrigere Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle führen kann.
Aussetzung des Umgangs
In hochstreitigen Elternkonflikten kann es passieren, dass der Umgang gerichtlich ausgesetzt wird. Das sind Situationen, in denen das Desaster für das Kind noch größer wird, wenn es gegen seinen Willen Umgang mit dem (eigentlich geliebten) Elternteil haben muss, weil anschließend vom anderen auch noch dafür „bestraft“ wird, dass es beide Elternteile liebt.
Loyalitätskonflikt des Kindes durch Elternstreit
Wenn die Eltern es nicht schaffen, dem Kind einen ungezwungen Umgang zu beiden Eltern zu ermöglichen, führt das zu einem Loyalitätskonflikt des Kindes. Es leidet darunter, dass ein Elternteil den anderen, ebenso von ihm geliebten Elternteil schlecht redet und womöglich hasst. Oft wird sich das Kind auf einen Elternteil konzentrieren und den anderen nicht mehr sehen wollen, obwohl es ihn genauso liebt.
Irreparable Entwicklungsstörungen der Kinder
Typische Folgen eines Loyalitätskonfliktes sind psychosomatische Erkrankungen, Leistungsabfall in der Schule, Schuldgefühle des Kindes, Parentisierung (Das Kind tröstet einen Elternteil und versucht, für ihn Verantwortung zu übernehmen). Dadurch entstehen nachhaltige, irreparable Entwicklungsstörungen des Kindes. Nur die Eltern können das vermeiden, kein Gericht, kein Jugendamt, kein Verfahrensbeistand, kein Gutachter, kein Arzt, kein Psychologe, kein Rechtsanwalt! Haben die Eltern ein Einsehen, können sie ihren Konflikt durch eine Mediation bei geeigneten Mediatoren auflösen.
Wechselmodell und erweiterter Umgang
Ein Wechselmodell wird derzeit nur von wenigen Gerichten gegen den Willen des anderen Elternteils angeordnet, eher schon ein erweiterter Umgang über die Standardregelung hinaus (jedes zweite Wochenende).
Siehe auch die Beiträge: Wechselmodell und Kindesunterhalt und Anordnung des Wechselmodells
Verhältnis Umgangsrecht – Sorgerecht
Zu unterscheiden vom Umgangsrecht, das den Kontakt mit den Kindern zum Inhalt hat, ist das Sorgerecht gem. §§ 1626 BGB. Dort geht es um die rechtliche Vertretung des Kindes durch seine Eltern. Oft glauben zerstrittene Eltern, über das Sorgerecht eine bessere Position beim Umgang zu haben, was vor 20 Jahren noch richtig gewesen sein mag, inzwischen aber längst nicht mehr zutrifft. Beide Bereiche haben sich weiter verselbstständigt. Immer seltener sprechen Gerichte einem Elternteil das gesamte Sorgerecht oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu.
Siehe auch den Beitrag: Sorgerecht – rechtliches Handeln der Eltern für ihr Kind