Streit um die Impfung
Wenn es bei getrennt lebenden Eltern Streit um die Impfung ihrer Kinder gibt, muss das Gericht entscheiden. Anders als bei Vorsorgeuntersuchungen oder kleineren Erkrankungen des Kindes darf nicht der Elternteil bestimmen, bei dem sich die Kinder aufhalten.
Anm. Maes zu OLG Frankfurt, Beschluss vom 4.9.2015, Az. 6 UF 150/15 in Juris Praxis Report Familien- und Erbrecht 11/2016 vom 20.5.2016
Impfung ist keine Angelegenheit des täglichen Lebens
Leitsätze
- Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang ein Kind geimpft werden soll, betrifft keine Angelegenheit des täglichen Lebens i.S.d. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern eine Angelegenheit, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (§ 1628 BGB), weil sie mit der Gefahr von Risiken und Komplikationen verbunden ist (Anschluss an KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2005 – 13 UF 12/05 – FamRZ 2006, 142).
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Eine Differenzierung zwischen der Zustimmung zur Impfung als Angelegenheit des täglichen Lebens und ihrer Verweigerung als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung kommt nicht in Betracht (Ablehnung zu AG Darmstadt, Beschl. v. 11.06.2015 – 50 F 39/15 SO – FamRZ 2016, 248 m. Anm. Luthin, NZFam 2015, 778).
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Bei fehlender Einigung der Eltern kann das Familiengericht gemäß § 1628 BGB zur Herbeiführung der notwendigen Entscheidung einem Elternteil die Entscheidungskompetenz übertragen. Maßgeblich für die Entscheidung ist gemäß § 1697a BGB die Frage, welcher Elternteil am ehesten geeignet ist, eine am Kindeswohl ausgerichtete Entscheidung zu treffen.
A. Problemstellung
Bei getrenntlebenden Eltern darf der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält, gemäß § 1687 BGB in Angelegenheiten des täglichen Lebens ohne Zustimmung des anderen Elternteils entscheiden. Lediglich in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ist die Zustimmung des anderen erforderlich. Allerdings kann die Abgrenzung in der Praxis Schwierigkeiten bereiten.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Mutter der Kinder hatte beim AG Darmstadt die Entscheidungsbefugnis für die Impfung der Kinder beantragt, nachdem sich der Vater dagegen ausgesprochen hatte.
Argumente des Amtsgerichts
Das AG Darmstadt war der Auffassung, bei Schutzimpfungen kleiner Kinder handele es sich um Dinge des täglichen Lebens. Daher seien sie den ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen gleichzustellen, für die auch keine Einwilligung des anderen Elternteils erforderlich sei. Schließlich frage der Arzt ob eine Impfung gewünscht sein bzw. empfehle die Impfung. Deshalb seien Impfungen gegen die üblichen Kinderkrankheiten ebenfalls als Dinge des täglichen Lebens anzusehen. Außerdem würden diese Impfungen vom Robert Koch-Institut empfohlen. Schließlich unterziehe die Mehrheit der Bevölkerung ihre Kinder dieser Impfung. Abgesehen davon könne eine nicht vorhandene Tetanusimpfung den betreuenden Elternteil davon abhalten, die Kinder an bestimmten Stellen im Freien spielen zu lassen. Daher müsse es auch richtig sein, dass dieser Elternteil allein bestimmen dürfe, ob er eine solche Impfung durchführen lasse oder nicht.
Argumente des Oberlandesgerichts
Diese Auffassung wurde vom OLG Frankfurt nicht geteilt. Die Frage, ob geimpft werde oder nicht, sei für die Kinder immer mit besonderen gesundheitlichen Risiken und Komplikationen verbunden (so auch das KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2005 – 13 UF 12/05). Darüber hinaus könne es bei Impfungen im Einzelfall zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen für den Impfling kommen. Ohne eine Impfung bestehe die Gefahr der Ansteckung. Außerdem ergäben sich weitere Folgen, etwa ein Schulverbot für nicht geimpfte Kinder, wie es etwa vom VG Berlin (Beschl. v. 11.03.2015 – 14 L 35.15) verfügt worden sei. Allerdings musste das OLG Frankfurt nicht mehr entscheiden, welcher Elternteil die Impfentscheidung treffen solle, nachdem sich die Eltern geeinigt hatten, den Empfehlungen ihres Hausarztes zu folgen.
C. Kontext der Entscheidung
Gesetzeszweck
Die Entscheidung des OLG Frankfurt steht im Einklang mit dem Gesetz. In § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB heißt es: „Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.“ Impfungen können zu Impfschäden führen, was auch das Robert Koch-Institut einräumt.
Impffreiheit in Deutschland
Besonders in Deutschland gibt es zahlreiche Eltern, die dem Impfen kritisch gegenüberstehen. Sie berufen sich auf wissenschaftliche Untersuchungen. Danach wirken die in den Impfstoffen vorhandenen Aluminium- und Quecksilberverbindungen zur Auslösung der Immunreaktion des Körpers als Zellgifte. Inwischen ist erwiesen, dass sie Impfschäden hervorrufen können. Folglich ist umstritten, ob Impfschäden wirklich seltener vorkommen als eine Hirnhautentzündung. Desweiteren bestehen auch Zweifel, ob Impfschäden umfassend diagnostiziert und statistisch korrekt erfasst werden. Jedenfalls ist erwiesen, dass mit den Impfungen eine Menge Geld verdient wird. Darüberhinaus erhalten viele Experten des Robert Koch-Instituts direkt oder indirekt von der Gelder von der Pharmaindustrie. Nach allem wäre es fatal, Impfungen als Angelegenheiten des täglichen Lebens anzusehen.
Wer die klarere Haltung zur Impfung hat, darf bestimmen
Das KG Berlin hatte in der zitierten Entscheidung dem Vater die Impfentscheidung übertragen, weil er hierzu eine klare Haltung gezeigt habe. Demgegenüber habe die Mutter geschwankt, ob und was geimpft werden solle. Trotzdem ist bei den Amtsgerichten die Tendenz erkennbar, das gemeinsame Sorgerecht über die Ausweitung des Rechtsbegriffs „Dinge des täglichen Lebens“ auszuhöhlen. Allerdings ist nicht alles, was praktisch ist und den Familiengerichten Arbeit erspart, für das Wohl der Kinder förderlich. Auch getrenntlebenden Eltern ist zuzumuten, um die richtige Entscheidung für ihr Kind zu ringen. Falls sich die Eltern nicht einigen können, ist das Familiengericht berufen, von Amtswegen zu prüfen, welchem Elternteil die Entscheidung zu übertragen ist.
D. Auswirkungen für die Praxis
Rechtsprechung und Rechtsanwaltschaft sind im Interesse der getrenntlebenden Eltern und der Kinder aufgerufen, den Anwendungsbereich der Dinge des täglichen Lebens i.S.d. § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB möglichst klein zu halten. In diesem Zusammenhang sind die Eltern zu Konsenslösungen zu bewegen, wie das auch im vorliegenden Fall geschehen ist. Wichtig ist, dass die unter den Eltern streitige Entscheidung nicht vom Gericht ersetzt werden darf. Stattdessen hat das Gericht dem Elternteil die Entscheidung zu übertragen, der näher am Thema ist und die klarere Haltung zu diesem Thema hat (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2005 – 13 UF 12/05).