Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Nach dem Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft macht ein Partner häufig Ansprüche auf Rückforderung von Zahlungen geltend, die er während des Zusammenlebens geleistet hat. Dies habe er aber nur mit Blick auf den Bestand der Beziehung getan. Aber mit dem Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei der Grund für die Zahlungen weggefallen. Anmerkung Maes zu Kammergericht Berlin, Urteil vom 21.02.2020, Az. 17 U 12/18 in Juris Praxisreport Familienrecht 20/2021 vom 24.8.2021.
Orientierungssätze des Gerichts
- Bei der Trennung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können Leistungen grundsätzlich nur nach Bereicherungsrecht oder den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert werden. Hierfür muss jede einzelne Zuwendung konkret dargelegt und ggfs. bewiesen werden.
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Voraussetzung für den bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch wegen Zweckverfehlung ist zunächst, dass die fraglichen Leistungen deutlich über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht und die bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von die Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt hat.
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Beiträge zu Kreditraten gehen ebenso wie Beiträge zur Renovierung der Eigentumswohnung des Partners nicht über den reinen Zweck der Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinaus. Aufwendungen für die Renovierungsarbeiten werden zudem während des Bestandes der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft bereits abgewohnt.
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Die Rückforderung von Sondertilgungen zur Finanzierung des Erwerbs der Eigentumswohnung in einer Größenordnung von 18.000 Euro steht unter einem allgemeinen Billigkeitsvorbehalt.
A. Problemstellung
Unter welchen Voraussetzungen können Rückzahlungsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geltend gemacht werden?
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Sachverhalt
Nach dem Scheitern einer 25 Jahre andauernden nichtehelichen Lebensgemeinschaft machte der Kläger Rückzahlungsansprüche gemäß § 812 BGB wegen Zweckfortfalls durch Beendigung der Lebensgemeinschaft und nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geltend. Das Geld habe er für den Erwerb und Erhalt einer der Beklagten gehörenden Eigentumswohnung gezahlt.
Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung. Sie habe nicht dargelegt, dass sie aufgrund ihres Einkommens in der Lage gewesen wäre, die Wohnung allein zu finanzieren. Daher hätten die vom Kläger geleisteten Zahlungen zu einem Vermögenszuwachs in Form des Wohnungswertes geführt. Deshalb sei es unbillig, der Beklagten einen Wertzuwachs von 72.500 Euro zu belassen.
Entscheidung des Kammergerichts
Das KG folgte dem nicht und wies die Klage ab.
Anders als bei der ehelichen Zugewinngemeinschaft gebe es bei der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keinen Anspruch auf Vermögensausgleich. Siehe auch den Beitrag: Teure Scheidung – Lohnt sich die Ehe? Vielmehr könnten nach Bereicherungsrecht und nach dem Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur einzelne Leistungen zurückverlangt werden.
Kläger muss jede einzelne Zahlung beweisen
Demzufolge müsse der Kläger für jede einzelne von ihm behauptete Zahlung beweisen, dass ihm insoweit ein Rückforderungsanspruch zustehe. Das sei ihm nicht gelungen. Eine Rückgewähr der von ihm aufgelisteten Zahlungen könne er nicht aus den §§ 730 ff. BGB verlangen, da kein ausdrücklicher oder durch schlüssiges Verhalten geschlossener Gesellschaftsvertrag vorliege. Außerdem stünden ihm weder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB noch nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Rückzahlungsansprüche zu.
Zahlung muss zur Vermögensmehrung beigetragen haben
Hinsichtlich der einzelnen Leistungen sei zu unterscheiden: Die Überweisungen auf das Konto der Beklagten könnten nur dann wegen Zweckverfehlung zurückverlangt werden, wenn sie deutlich über das hinausgingen, was das tägliche Zusammenleben ermögliche und zu Vermögenswerten geführt hätten, die die Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauerten (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.2011 – XII ZR 190/08 Rn. 30; BGH, Urt. v. 09.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 40). Diesen Nachweis sei der Kläger schuldig geblieben. Außerdem sei die Beklagte 30 Stunden wöchentlich berufstätig gewesen und habe damit ebenfalls zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen.
Zahlung auf eigene Verpflichtungen
Darüber hinaus habe der Kläger der Beklagten Miete, Kindesunterhalt und die Beteiligung an der gemeinsamen Lebensführung geschuldet. Abgesehen davon wären allenfalls die Tilgungsanteile der vom Kläger gezahlten Kreditraten relevant gewesen, die er aber nicht beziffert habe. Der Kläger könne auch nicht die Kosten für den Wohnungskauf und die Grunderwerbsteuer verlangen, da sie keinen Anteil am Vermögenswert der Wohnung hätten.
Eigenleistungen sind nach 15 Jahren abgewohnt
Die vom Kläger behaupteten Aufwendungen für Fliesen/Sanitär, Parkett und Küche könnten bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren nicht mehr zur Wertsteigerung der Wohnung beitragen, weil sie abgewohnt seien, woran der Kläger partizipiert habe. Demgegenüber hätten die Sondertilgungen auf das Darlehen von insgesamt 18.195 Euro zu einer Vermögensmehrung bei der Beklagten geführt.
Vermögenszuwachs beim anderen muss unbillig sein
Allerdings sei der Verbleib dieser Summe bei der Beklagten unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nicht unbillig. Der Kläger betreibe mit einem Mitgesellschafter eine GmbH mit einem Jahresüberschuss von über 70.000 Euro und einem Eigenkapital von 400.000 Euro. Er habe in der Zeit des Zusammenlebens drei weitere Eigentumswohnungen erworben, zu deren Wert er keine Ausführungen gemacht habe, ebenso wenig zum Wert seines Firmenanteils.
C. Kontext der Entscheidung
Mit dem Urteil vom 09.07.2008 (XII ZR 179/05) ließ der BGH erstmalig Rückforderungsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu.
Vermögensausgleich nur beim Scheitern der Ehe
Im Gegensatz zum Vermögensausgleich bei Beendigung einer Ehe sind allenfalls Ansprüche aus Gesellschaftsrecht gemäß den §§ 730 ff. BGB, aus Bereicherungsrecht gemäß § 812 BGB und aus den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB möglich.
Vermögenszuwachs von 130.000 € ist zurückzuzahlen
Mit Urteil vom 06.07.2011 (XII ZR 190/08) hatte der BGH einen Wertzuwachs von 130.000 Euro nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft für erheblich erachtet und klargestellt, dass auch Arbeitsleistungen eines Partners, die zu einem Wertzuwachs nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geführt haben, einen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB begründen können.
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des Kammergerichts vermittelt einen guten Leitfaden für die Rückforderung von Leistungen, die während der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zur Vermögensmehrung des Partners geführt haben.
Hohe Anforderungen an die Beweislast
Danach genügt es nicht, sämtliche Leistungen aufzulisten, die während der Beziehung erbracht wurden. Relevant sind nur solche Leistungen, die über den täglichen Lebensbedarf hinausgehen und am Ende zu einem Vermögenszuwachs beim Partner geführt haben.
Beweislast für die Billigkeit der Rückforderung
Darüber hinaus muss der Anspruchsteller beweisen, dass der Verbleib dieses Vermögens beim Partner unbillig wäre. Dazu gehört unter anderem die Darlegung des Alters der Parteien, der Art und des Umfangs der erbrachten Leistung, der Höhe der Vermögensmehrung sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien. Dementsprechend wird es nur in wenigen Fällen, etwa bei einem erheblichen Vermögenszuwachs und bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen des Anspruchstellers gelingen, einen Rückforderungsanspruch erfolgreich durchzusetzen.