Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Rangverhältnis zwischen Altersvorsorgeunterhalt und Betreuungsunterhalt bei der Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Anmerkung Maes zu BGH, Urteil vom 25.05.2005, Az. XII ZR 221/02 in Juris Praxisreport Familien- und Erbrecht 18/05 vom 06.9.2005
Leitsatz
Bei der Inhaltskontrolle von Eheverträgen teilt der Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt den Rang des Elementarunterhalts, soweit die Unterhaltspflicht ehebedingte Nachteile ausgleichen soll.
A. Problemstellung
Der BGH hatte zu entscheiden, wie weit ein wirksamer Unterhaltsverzicht ausgeübt werden darf und ob nachrangiger Altersvorsorgeunterhalt, der nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zählt, gleichwohl neben dem Betreuungsunterhalt gezahlt werden muss.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Parteien hatten durch notariellen Ehevertrag, in dem Gütertrennung vereinbart war, für den Fall der Scheidung wechselseitig auf Unterhalt verzichtet. In dem Vertrag war ausdrücklich aufgenommen, dass sie entgegen der Anregung des Notars keine auflösende Bedingung für den Fall aufnahmen, dass Kinder aus der Ehe hervorgehen. Der Versorgungsausgleich sollte hingegen uneingeschränkt durchgeführt werden.
Das Familiengericht hatte der Ehefrau Betreuungsunterhalt in Höhe des Existenzminimums von damals 1.425 DM zugesprochen, die weitergehende Klage auf Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt dagegen abgewiesen. Das OLG sprach der Ehefrau auf Anerkenntnis des Ehemannes Krankenvorsorgeunterhalt zu, wies aber den Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt ab mit der Begründung, der Betreuungsunterhalt sei zeitlich begrenzt und die erst 41-jährige Ehefrau könne anschließend ihre Altersversorgung weiter ausbauen. Zudem komme der Altersvorsorgeunterhalt der Betreuung der Kinder nicht zugute, sondern wirke sich erst lange nach der Betreuungszeit im Versorgungsfall und dort ausschließlich für den betreuenden Ehegatten aus.
Der BGH wies demgegenüber auf die durch die Betreuung entstehende Versorgungslücke hin, die auch durch spätere Berufstätigkeit nicht mehr ausgeglichen werden könne. Der andere Ehegatte müsse sich auch an dieser zukünftigen wirtschaftlichen Einbuße beteiligen. Damit teile der Krankheits- und Altersvorsorgeunterhalt das Schicksal des Elementarunterhalts.
Da der Betreuungsunterhalt zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zähle, könne sich der Ehemann nur aus besonders wichtigen Gründen auf den vereinbarten Verzicht berufen. Angesichts der durch die Geburt der Kinder deutlich veränderten Lebenssituation der Parteien seien solche Gründe aber nicht ersichtlich.
C. Kontext der Entscheidung
Nach seiner Grundsatzentscheidung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen vom 11.02.2004 (XII ZR 265/02 – BGHZ 158, 81 ff.) vertiefte der Senat im Urteil vom 25.05.2005 (XII ZR 296/01 – NJW 2005, 2386-2390) und in den Beschlüssen vom 06.10.2004 (XII ZB 110/99 – FamRZ 2005, 26 f. und XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185 ff.) seine Prüfungssystematik: erst Wirksamkeitskontrolle, dann Ausübungskontrolle (vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.05.2004 – 9 WF 35/04 – jurisPR-FamR 20/2004 Anm. 2, Leis und OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.07.2004 – 16 UF 238/03 – FamRZ 2004, 1789).
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Vorgaben des BGH stärken den Bestand wirksamer Eheverträge, lassen aber im Wege der so genannten Ausübungskontrolle eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse zu. Der vollständige Ausschluss von Betreuungsunterhalt dürfte kaum durchsetzbar sein, wobei er nun als Elementar-, Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werden darf.
Der BGH ließ aber auch im Wege der Ausübungskontrolle unbeanstandet, dass der Unterhalt auf das Existenzminimum begrenzt blieb, so dass ein ehevertraglicher Unterhaltsverzicht weiterhin empfohlen werden kann.