Erbrecht bei Trennung und Scheidung
Getrennter Ehepartner kann weiterhin Erbe sein
Viele Menschen, die sich in Trennung und Scheidung befinden, denken in der turbulenten Zeit der Trennung überhaupt nicht daran, dass ihr Ehepartner, den sie nicht mehr lieben, ihr Erbe wird, wenn sie nichts unternehmen.
Vorsicht! Der Trennungspartner kann über die gemeinsamen Kinder erben!
Selbst bei Erbeinsetzung der Kinder ohne diverse Zusatzregelungen kann der Trennungspartner erben, wenn die Kinder vor ihm sterben. Sind sie noch minderjährig und werden vom Trennungspartner betreut, kann er im Rahmen der Vermögenssorge über das Erbe der Kinder verfügen!
Erbrecht erlischt grundsätzlich bei Zustellung des Scheidungsantrags
Sobald eine Scheidung eingereicht und der Scheidungsantrag dem anderen förmlich vom Gericht zugestellt ist, erlischt das Ehegattenerbrecht nach der gesetzlichen Erbfolge (vgl. § 1933 BGB). Testamente werden in der Regel gegenstandslos (vgl. § 2077 BGB).
Expartner kann trotz Scheidung erben
Aber Vorsicht! Je nach dem, was im Einzelnen in einem Testament geregelt ist, kann es trotz Scheidungsantrag wirksam sein. Gleiches gilt für einen Erbvertrag.
Gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament)
Im gemeinschaftlichen Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder sollen erst nach dem Tod beider Eltern erben. In der Regel entfalten diese Testamente keine erbrechtlichen Wirkungen, wenn die Scheidung eingereicht ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein gemeinschaftliches Testament nach der Scheidung aber wirksam bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2004, Az. IV ZR 187/03).
Erbvertrag
Wurde ein Erbvertrag geschlossen, muss geschaut werden, ob eine Regelung für den Fall der Scheidung vorhanden ist oder durch richterliche Auslegung ermittelt werden, ob er auch für den Fall der Scheidung gelten sollte.
Gegenmaßnahmen
Um erst gar nicht in die Verlegenheit zu kommen, einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament durch das Gericht auslegen zu lassen, sollte versucht werden, es aus der Welt zu schaffen.
Notarieller Widerruf des Gemeinschaftlichen Testaments
Ein Berliner Testament oder andere wechselbezügliche letztwillige Verfügungen können leichter aus der Welt geschafft werden, aber nur, solange der Partner noch lebt. Hier genügt der einseitige, beim Notar beurkundete Widerruf, der dem anderen zugegangen sein muss.
Aufhebung des Erbvertrags
Beim Erbvertrag ist das besonders schwierig. Hier muss ein Einvernehmen mit dem Ehepartner erzielt werden. Beide müssen gemeinsam zum Notar gehen und den Erbvertrag gemeinsam ändern oder aufheben. Nur in sehr eng begrenzten Fällen, etwa bei arglistiger Täuschung kann man einen Erbvertrag anfechten.
Trennung und Scheidung ohne Testament – nicht zu empfehlen!
Wer überhaupt kein Testament gemacht hat, was inzwischen immer häufiger der Fall ist, muss sich darüber im Klaren sein, dass der Ehepartner während der Trennung und wenigstens bis zur Einreichung des Scheidungsantrags Erbe ist.
Oft reicht auch die Einreichung der Scheidung nicht, nämlich immer dann, wenn trotz Scheidungsantrages die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung nicht erfüllt sind. Wichtigste Voraussetzungen sind die Zerrüttung der Ehe und der Ablauf des Trennungsjahres (siehe Beitrag Scheidung).
Der Erblasser muss den Scheidungsantrag entweder selbst eingereicht haben oder er muss dem Antrag seines Ehepartners zugestimmt haben. In krassen Fällen wird der scheidungswillige Ehepartner allein deshalb noch Erbe, weil der Erblasser der Scheidung noch nicht zugestimmt hatte.
Erbrechtliche Maßnahmen bei Trennung
In der Trennungsphase sollte man daher unbedingt geeignete Maßnahmen zur Enterbung des Partners ergreifen. Eine vollständige Enterbung ist i.d.R. nicht möglich.
Enterbung des Trennungspartners
Den Pflichtteil, eine deutsche Spezialität, kann man nur unter sehr engen Voraussetzungen entziehen:
- Der Partner trachtet einem nach dem Leben
- Körperliche Misshandlung des Erblassers
- Schwere Straftaten gegen den Erblasser
- Böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht
Gefahren bei Enterbung ohne weitere Regelungen
Eine Enterbung hat regelmäßig zur Folge, dass der Erbe sich Pflichtteilsforderungen ausgesetzt sieht. Besteht der Nachlass nur aus dem Hausgrundstück, kann es passieren, dass der Erbe das Haus hoch belasten oder sogar verkaufen muss, um die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen.
Daher sollte man immer alternative oder flankierende Regelungen zu einem Testament in Betracht ziehen.
Die Tücken des eigenhändigen Testaments
Die billigste, aber auch gefährlichste Lösung, den anderen während der Trennung zu enterben, ist ein eigenhändiges Testament. Wer solche Testamente auf dem Computer schreibt, macht sie allein dadurch unwirksam, auch wenn er sie von Hand unterschreibt. Oft sind die Testamente widersprüchlich oder aus anderen Gründen ungeeignet, den Willen des Erblassers umzusetzen.
Wenn man komplizierte Familienverhältnisse und ausgetüftelte Regelungen zu Papier bringen will, schreibt man sich beim eigenhändigen Testament die Finger wund, vor allem dann, wenn mehrere Entwürfe erforderlich sind. Das Endergebnis ist meistens zu kompliziert und dem Uneingeweihten schlicht unverständlich. Daher sollte man hier vom eigenhändigen Testament absehen, einen Entwurf am Computer fertigen und damit einen Notar aufsuchen. Dort wird dann ein sogenanntes Öffentliches Testament erstellt.
Die Grenzen des notariellen Testaments
Wer zum Notar geht, sollte allerdings nicht glauben, er würde dort umfassend beraten. Der Notar ist in erster Linie dazu berufen, den bereits vorhandenen Willen des Erblassers zu beurkunden, nicht aber dazu, eine umfangreiche Analyse zur Familien- und Vermögenssituation des Erblassers zu erstellen, um dann auf dieser Grundlage eine geeignete Nachfolgeregelung zu entwerfen.
Derartige Regelungen setzen im Übrigen neben erbrechtlichen Kenntnissen steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Spezialkenntnisse voraus.
In den seltensten Fällen wird es ausreichen, ein bloßes Testament zu entwerfen. In der Regel werden mehrere Maßnahmen kombiniert, um eine ausgewogene, steuersparende und sichere Vermögensnachfolge zu gewährleisten.
Erbschaftssteuern und Vermeidungsstrategien
Bei der vorweggenommenen Erbfolge geht es um die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten im Rahmen einer Schenkung. Dabei geht es um die Ausschöpfung der steuerlichen Freibeträge einmal zu Lebzeiten und dann nochmals nach dem Erbfall. Diese Gestaltungsform gehört zu den Klassikern der Steuervermeidung. Allerdings ist Vorsicht geboten! Die Beschenkten erweisen sich nicht immer als dankbar. Hat man erst einmal sein gesamtes Vermögen verschenkt, bleibt einem nur noch der Schenkungswiderruf oder die Anfechtung der Schenkung. Da hier allerdings Fristen zu beachten sind, sollte man nicht zu lange zögern.
Steuerlich ungünstige Testamente vermeiden
Die steuerrechtlichen Aspekte sind auch bei Testamenten zu beachten. Bei der oft in Unkenntnis angeordneten Vor- und Nacherbschaft, aber auch beim Berliner Testament kassiert der Fiskus zweimal, sobald die Freibeträge überschritten sind.
Testamente regelmäßig aktualisieren
Oft wird auch übersehen, dass Testamente nicht für die Ewigkeit gemacht sind, sondern auf einer bestimmten Lebenskonstellation beruhen. Auch die Steuervorschriften sind in ständigem Wandel. Daher sollte man Testamente bzw. Gesamtregelungen zur Vermögensnachfolge alle drei bis fünf Jahre der aktuellen Familien- und Vermögenssituation sowie an das aktuelle Steuerrecht anpassen.