Darlegungs- und Beweislast beim Zugewinnausgleich
Wenn nach der Trennung Geld verschwunden ist, geht es um die Darlegungs-und Beweislast beim Zugewinnausgleich. Der ausgleichspflichtige Ehegatte muss dann erklären, wo das Geld geblieben ist und was er damit gemacht hat.
Anm. Maes zu BGH, Urteil vom 09.02.2005 – XII ZR 93/02 in jurisPR-FamR 13/2005 vom 28.6.2005
Leitsatz zur Darlegungs- und Beweislast beim Zugewinnausgleich
Zum Recht eines Ehegatten auf Auskunft über illoyale Vermögensminderungen des anderen Ehegatten i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB.
A. Problemstellung
Der BGH hatte zu entscheiden, welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast beim Zugewinnausgleich zu stellen sind. Was muss der berechtigte Ehegatte vortragen, wenn er vom anderen Auskunft begehrt über die Verwendung des zum Stichtag nicht mehr vorhandenen Vermögens.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Fallgestaltung
Im vorliegenden Fall hatte das Familiengericht im Rahmen einer Stufenklage die Ehefrau unter anderem verurteilt, ihrem Ehemann gem. § 242 BGB Auskunft zu erteilen, wie sie die von ihm über 8 Jahre auf ihr Konto monatlich überwiesenen 1200 DM verwendet hatte. Nach ihrer Auskunft zum Endvermögen gem. § 1379 BGB wies dieses Konto zum Stichtag nur ein vergleichsweise geringes Guthaben auf. Daraufhin behauptete der Ehemann, sie müsse einen Teil ihres Vermögens „beiseite geschafft“ haben.
Auffassung des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht lehnte dagegen einen Auskunftsanspruch des Ehemannes aus § 242 BGB ab, da das vom Ehemann behauptete „Beiseiteschaffen“ die in § 1375 Abs. 2 BGB geforderte Vermögensminderung verneine.
Auffassung des BGH
Demgegenüber sah der BGH den Vortrag des Ehemannes gem. § 286 ZPO unzutreffend gewürdigt. Vor dem Hintergrund der Einlassungen der Ehefrau, über kein weiteres als das angegebene Vermögen zu verfügen, sei der Vortrag des Ehemannes dahin gehend zu verstehen, sie habe in Benachteiligungsabsicht Gelder von diesem Konto verlagert und damit ihr Vermögen i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB vermindert. Keinesfalls sei der Vortrag des Ehemannes dahin zu verstehen, die Auskunft der Ehefrau über ihr Endvermögen sei unrichtig, die „beiseite geschafften“ Gelder seien noch in ihrem Endvermögen vorhanden.
C. Kontext der Entscheidung
Grundsatzurteil des BGH
Im Urteil vom 29.10.1981 in FamRZ 1982, 27 entschied der BGH erstmals, dass bei konkretem Verdacht illoyaler Vermögensminderungen i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB dem betroffenen Ehegatten ein Auskunftsrecht aus § 242 BGB über die Verwendung des dem Zugewinn entzogenen Vermögens zusteht. Die Darlegungs- und Beweislast beim Zugewinnausgleich habe der Tatrichter anhand des konkreten Einzelfalles zu entscheiden. Allerdings dürften an den Sachvortrag konkreter Verdachtsgründe keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Sache wurde an das OLG zurückverwiesen.
Aktuelle Entscheidung des BGH
Im jetzigen Urteil hatte der BGH in der Sache zu entscheiden. Ihm genügte, vorzutragen, dass ein jahrelang mit erheblichen monatlichen Einzahlungen gespeistes Konto am Stichtag nur ein kleines Guthaben hatte und daher Geld „beiseite geschafft“ sein müsse. Als Konsequenz musste der Auskunftspflichtige im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast beim Zugewinnausgleich über einen vergleichsweise langen Zeitraum von 8 Jahren belegen, wofür er das Geld verwandt hatte.
Urteil des BGH vom 19.4.2000, Az. XII ZR 62/98
Im Urteil vom 19.04.2000 machte der BGH dagegen deutlich, dass allein die Behauptung größerer Geldausgaben des Pflichtigen in einem kurzen Zeitraum nicht ausreicht. Ähnlich einschränkend urteilte auch das OLG Köln in FamRZ 1997, 1336. Weiteer wies es darauf hin, dass dem Auskunftsanspruch aus § 242 BGB nur eine ergänzende Funktion zukomme. Daher könne über einzelne Handlungen Auskunft verlangt werden, nicht aber über den Inbegriff von Gegenständen.
D. Auswirkungen für die Praxis
Überzogene Anforderungen an den Sachvortrag sind abzulehnen
Die jetzige Entscheidung des BGH gibt Anlass, Entscheidungen der Gerichte genauer daraufhin zu überprüfen, ob die Anforderungen an den Sachvortrag für ein Auskunftsrecht gem. § 242 BGB überzogen waren Gegebenenfalls ist ein Rechtsmittel einzulegen. Zusammen mit dem Urteil vom 19.04.2000 liegen nun Anhaltspunkte dafür vor, welchen Vortrag der BGH für ausreichend hält.
Ausführlicher Vortrag ratsam
Da es sich um Einzelfallentscheidungen des BGH handelt, sollte im Hinblick auf die strengen Anforderungen der Untergerichte nach wie vor so konkret wie möglich vorgetragen werden, dass Vermögen vor dem Stichtag (Zustellung der Scheidungsantragsschrift oder Beendigung der Zugewinngemeinschaft aus anderen Gründen) vorhanden war bzw. zum Stichtag eigentlich hätte vorhanden sein müssen.
Ausgaben müssen dem Lebenszuschnitt entsprechen
Soweit Geldabhebungen oder Ausgaben zwischen Trennung und Stichtag nachgewiesen werden können, muss dargelegt werden, dass sie mit dem bisherigen Lebenszuschnitt des Ausgleichspflichtigen nicht im Einklang stehen. Der Pflichtige sollte möglichst plausible Gründe für erhöhte Ausgaben parat haben, wobei die Weltreise oder der jähe Spielbankverlust ziemlich ausgereizt sind. Akzeptabel wäre etwa trennungsbedingter Mehrbedarf.